Wer gerade erst mit dem Sport machen angefangen hat oder mit einem unregelmäßigen Trainingsplan arbeitet, wird sicher feststellen, dass es an einigen Tagen unerklärliche Leistungsschwankungen beim Trainieren gibt, die sowohl negativ, als auch positiv sein können. Das kann viele Gründe haben wie beispielsweise eine umgestellte Ernährung, unterschiedliche Regenerationsphasen oder immer wieder wechselnde Belastungsstufen.
Im folgenden Beitrag gehe ich auf die Erscheinung bzw. das Konzept der Superkompensation ein, welche die zeitweilige erhöhte Leistungsfähigkeit des eigenen Körpers beschreibt. Sie tritt nach einem bestimmten Zeitraum an Regeneration ein und kann beim richtigen Einsatz von neuen Trainingsreizen das eigene Leistungsniveau anheben.
Was ist Superkompensation?
Im Grunde ist die Superkompensation die Antwort des Körpers auf die ihm zuvor ausgesetzte Belastung durch eine anstrengende Trainingseinheit. Nachdem die eigene Leistungsfähigkeit auf ein Minimum gesunken ist und man in die Regenerationsphase übergeht, beginnt der Körper sich zu erholen. Dadurch verbessert sich natürlich auch das eigene Leistungsniveau wieder, wobei für einen gewissen Zeitraum die zuvor vorhandene Ausgangsstufe sogar übertroffen wird. Man ist also für eine bestimmte Zeit leistungsfähiger, als man es vorher war. Umgangssprachlich könnte man sagen, dass der Körper sich dadurch für eine neue bevorstehende Belastung rüsten möchte.
Dieses erhöhte Niveau sinkt jedoch wieder auf das Grundniveau. An diesem Punkt setzt die Trainingsidee der Superkompensation an. Durch den Einsatz von neuen Trainingsreizen bei erhöhter Leistungsfähigkeit und einer regelmäßigen Wiederholung, möchte man das eigene Leistungslevel langfristig heben und so beispielsweise die eigene Belastbarkeit verbessern, für einen besseren Muskelaufbau sorgen oder generell einfach bessere Ergebnisse erzielen. Doch ab welchem Zeitpunkt tritt die Superkompensation ein?
Welche Phasen gibt es bei der Regeneration und wann kommt es zur Superkompensation?
Um zu verstehen, wann es zur Superkompensation kommt, sollte man zuerst einen Blick auf die Phasen der Regeneration werfen, die mit Beendigung des Trainings einsetzen. In der ersten Stunde nach der Belastung füllt sich der Kreatin-Phosphat-Speicher des Körpers wieder auf, der Blutdruck normalisiert sich und in den Muskeln steigert sich die Eiweißsynthese. Anschließend wechselt der Körper vom katabolen in den anabolen Stoffwechselzustand, was ein wichtiger Grundstein für den Muskelaufbau ist. In den nächsten 24 Stunden lässt die Ermüdung der Muskulatur nach und die Normalisierung Körper-interner Prozesse beginnt. Nach einem Tag ist das Glykogen in der Leber und nach 2-7 Tagen in den Muskeln wieder aufgefüllt.
Zu diesem Zeitpunkt setzt meist die Superkompensation ein. Nach 1-2 Tagen Regenerationszeit hat der Körper einen sich allmählich wiederauffüllenden Glykogen-Haushalt, besitzt jedoch durch die noch anhaltende und beschleunigte Eiweißsynthese ein höheres Leistungsniveau. Wenn man nun einen neuen Trainingsanreiz setzt, hat man die Möglichkeit, sein Leistungsniveau langfristig zu steigern.
Wie lange hält die Phase der Superkompensation an?
Es ist schwierig, einen genauen Zeitraum, bzw. auch einen genauen Startpunkt, für die Superkompensation festzulegen. Hierbei spielen viele körperliche Faktoren eine Rolle, welche bei jedem Menschen unterschiedlich sind. Allgemein sagt man, dass die erhöhte Leistungsfähigkeit für 2-3 Tage anhält, ehe sie wieder auf das Ursprungsniveau zurückfällt. Durch das Training während dieser Phase möchte man für die nächste Superkompensation eine wiederum erhöhte Leistungsfähigkeit bezwecken, wobei sich dieser Kreislauf immer wieder wiederholt. Hier drin steckt jedoch ein großer Kritikpunkt dieses Trainingsmodells.
Kritik am Konzept der Superkompensation
So schön sich dieses Trainingsmodell auch anhört, gab es in den letzten Jahren doch zunehmend Kritik am Konzept der Superkompensation. In der Theorie ist es beispielsweise möglich, die Erhöhung der eigenen Leistungsgrenze durch immer mehr Wiederholungen ins Unendliche zu steigern, was in der Praxis durch zahlreiche, von der Natur vorgegebene Faktoren nicht möglich ist. Auch liefert dieses Konzept keine messbaren Größen und macht keinen Unterschied bei Geschlecht, allgemeiner Fitness oder dem Alter.
Ebenfalls ist es schwer zu bestimmen, wann eigentlich der perfekte Zeitpunkt dafür ist, einen neuen Trainingsanreiz zu setzen bzw. wann es zu spät dafür ist. Außerdem ist es bis jetzt nicht wirklich nachgewiesen, dass die Superkompensation einen anpassenden Einfluss auf die Muskulatur oder chemische Vorgänge im Körper hat. Lediglich die Erhöhung des Energiespeichers ist durch Nikolai Jakowlew nachgewiesen worden. Dieser ist zudem der Entdecker dieses Konzeptes, nachdem er 1977 bei Ratten das Prinzip der Superkompensation erfolgreich nachgewiesen hat.
Einige Experten halten dieses Trainingsmodell für zu unvorhersehbar, da es viele weitere Vorgänge im Körper gibt, die ebenfalls während der Regeneration stattfinden und Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und den angestrebten Muskelaufbau oder die Ausdauersteigerung haben. Bei einem falschen Timing kann es hierbei auch zu einem Übertraining kommen, was sich schlussendlich negativ auf den ganzen Körper auswirken kann. Während die Superkompensation im Leistungssport eine wichtige Rolle spielt, sollte die Priorität bei einem einfachen Workout bzw. bei regelmäßigen Fitnessübungen wohl zuerst auf der Ernährung oder einem gut ausbalancierten Trainingsplan liegen.
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